Barock,  Kostümgeschichte

Damenkleidung des Frühbarock

1630c, Pieter Codde - elegante Gesellschaft beim musizieren
1630c, Pieter Codde – elegante Gesellschaft beim musizieren

Frühbarock 1610 – 1650

Die Damenmode veränderte sich wesentlich langsamer, als die Herrenmode. Die strengen spanischen Formen wurden aufgelockert und das Bürgertum übernahm die belgische und niederländische Mode. Das holländische Barock gilt als Blütezeit des Bürgertums. Die gefällige, ungekünstelte Art sich zu kleiden wurde vor allem von den holländischen Bürgerinnen übernommen und zu ihrem Höhepunkt gebracht. Die steife und übergroße Mühlsteinkrause wurde von schulterbreiten, horizontal verlaufenden Batist- oder Leinenkragen, die mit kostbaren Spitzen verziert waren, ersetzt. Borten- und Bandschmuck erfreute sich allgemeiner Beliebtheit.

Jacken und Mäntel

Eine Pelerine und eine Schoßjacke dienten als Überkleidung.

Oberteile

Nach wie vor trugen die Damen ein enges Miederoberteil. Anfangs war das Mieder noch mit Blankscheits verstärkt. Vorn erhielt es eine tief heruntergezogene Spitze, „die Schneppe“. Das kurze Mieder mit seinen angenestelten, geschlitzten Schößen besaß kurze, bauschige Ärmel. Die Ärmel wurden in den verschiedensten Formen gestaltet und waren zum Teil geschlitzt und mit spitzenbesetzten Fechtermanschetten versehen. Sie konnten mehrfach gebauscht sein oder eng anliegen. Das Schoßleibchen besaß eine hohe Taillenlinie, die oftmals noch durch eine umgebundene Schärpe betont wurde.
Anfang des 17. Jahrhunderts wollten die Damen wieder ein größeres Dekollete. Die meist viereckigen Ausschnitte wurden mit einem zarten, durchscheinenden Batist- oder Spitzentuch, der „Palatine“ bedeckt.

Röcke

Um 1630 verschwand der steife Reifrock und die Röcke fielen nun locker in Falten. Trotz allem wollten die Damen aber nicht auf die Betonung ihrer Hüften verzichten und legten sich den „Weiberspeck“ um, einen gepolsterten Hüftring. Der Rocksaum erhielt bald eine kleine Schleppe.

Kleider/Kostüme

Charakteristisch für die holländische mode jener Zeit war der so genannte „Vlieger“, ein vorn geöffnetes Überkleid. Mit seiner steifen, taillierten Form blieb er bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts modern. Häufig war er aus schweren dunklen Seidenstoffen gefertigt. Bisweilen war er mit angenestelten Ärmeln versehen oder ließ den Blick frei auf die Ärmel des Mieders. Gelegentlich trugen ihn sehr reiche Damen mit einem zusätzlich angebrachten Rückenmantel.

Unterkleidung

Mehrere Unterröcke in verschiedenen Farben waren sehr bliebt und wurden beim Hochraffen des Rockes sichtbar. Sie waren bisweilen mit mehreren gold- oder silberfarbenen Spitzen verziert Die Damen trugen bereits erste Unterbeinkleider.





Stoffe und Farben

Während des Krieges brach fast die gesamte europäische Textilindustrie zusammen. In Deutschland stand die Produktion fast vollkommen still. Frankreich und Italien hingegen konnten weiterhin kostbare Stoffe herstellen. Diese Stoffe waren besonders am Hofe Ludwig XIII. beliebt, vor allem die gold- und silberdurchwirkten Seidenbrokate aus Italien. Klöppel- und Reliefspitzen wurden in verschwenderischem Ausmaß getragen. Taft, Seidensamt, Wollsamt und Batist waren bevorzugte Materialien für die Kleidung des Adels. Matte Farben wie Blaßgelb, Blaßgrün, helles Blau und Rosa wurden mit Vorliebe getragen. Daneben behauptete sich nach wie vor das strenge Schwarz.

1632-35, Anthony van Dyck - Henrietta Maria
1632-35, Anthony van Dyck – Henrietta Maria

Frisuren und Kopfbedeckungen

In der holländischen Mode waren Hauben in den verschiedensten Formen beliebt. Zu den anfänglich noch getragenen Mühlstein- oder Stuartkragen frisierten die Damen ihre Haare streng nach hinten, und formten sie am Hinterkopf zu einem Haarknoten. Der Knoten wurde mit Perlen oder Federn verziert. Nachdem die Mühlsteinkrause verschwunden war, wurden die Frisuren wieder länger. Die Haare wurden nun in einem Querscheitel am Oberkopf abgeteilt und am Hinterkopf zu einem Knoten aufgesteckt. Die Seitenhaare formte man kunstvoll zu lang herunterhängenden Korkenzieherlocken. Manchmal ließen die Damen auch kleine Lockenfransen als Pony auf die Stirn fallen.

Accessoires/ Schmuck

Weder Mann, noch Frau verzichteten auf den zartesten Schmuck: die Spitze. Schmuck wurde nun immer mehr nur noch von den Frauen getragen. Zu den kurzen halsnahen wurden langen Perlenketten. Edelsteine wurden kunstvoll geschliffen und schmücken Ringe, Anstecknadeln und Ketten. Daneben waren Armreifen und Medaillons beliebt. In Mode kamen auch spitzenbesetzte, weiße Taschentücher.

Schuhwerk

Der Absatz kam immer mehr in Mode und wanderte im Laufe der Zeit von der Ferse zur Fußmitte. Typische für die Schuhmode waren die seitlichen Aussparungen und der verzierte Verschluß. Samt, Damast, Rau- oder Glattleder waren bevorzugte Materialen. Unterschuhe aus Kork sollten die edlen Schuhe vor Straßenschmutz schützen.

Kosmetik

Gewaschen wurde sich nur äußerst selten da man glaubte, dass Bäder und Dampfbäder Krankheiten und Tod herbei führen würden. So beschränkte man sich lediglich auf das Reinigen der Unterwäsche. Parfüms aus Moschus und Ambra sollten den üblen Körpergeruch überdecken.
Die Haare wurden ebenfalls parfümiert und gepudert. Mittels Bleiweiß und Kalk versuchte man den beliebten hellen bis weißen Teint zu erzielen. „Mouches“, kleine Schönheitspflästerchen, die an Augen- oder Mundwinkel, Stirn, Wange oder Nase angebracht wurden, waren sehr beliebt.

1610ca Anonymous - Kitchen Interior with the Parable of the Rich Man and the Poor Lazarus
1610ca Unbekannt – Kücheneinrichtung

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